Am 20. November 2019 ist es so weit und die myCOPD-Challenge findet statt. Im Interview mit Dr. Christoph Puelacher, ärztlicher Leiter und Geschäftsführer der Reha Innsbruck, ist noch einmal alles Wissenswerte rund um die Challenge nachzulesen.

 

Warum nimmt die Reha Innsbruck an der myCOPD-Challenge teil?

Dr. Puelacher: Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) wird in den nächsten Jahren zur weltweit 4 häufigsten Todesursache werden. Das traurige dabei ist, dass Betroffene sehr früh (zwischen dem 40-60 Lebensjahr) bereits massive Symptome spüren. Atemnot, Husten, Antriebsschwäche, sozialer Rückzug, Muskelschwäche und manifeste Behinderung, bis zur Sauerstoffabhängigkeit, prägen diese schleichende und gefährliche Erkrankung. Wir, als ambulante Rehabilitationseinrichtung, haben tagtäglich mit den Schicksalen die Menschen zu tun, die zu spät das Ausmaß der Erkrankung erkennen! Deshalb fühlen wir die Verpflichtung die Bevölkerung auf diese tückische Erkrankung hinzuweisen. Wir, als Reha-Einrichtung zeigen zusammen und mit der Hilfe unserer Patienten gangbare, nicht medikamentös Wege auf, um das Fortschreiten dieser tückischen Krankheit effektiv zum Stillstand zu bringen. Unsere Patienten werden mit unseren Spezialisten aus allen Berufsgruppen, Ärzte, Physiotherapeuten, Psychologen und Diätologen zeigen, dass es möglich ist, trotz Krankheit körperlich „vit“ und leistungsfähig zu werden und damit an der Bewältigung der Innsbrucker COPD Challange (Besteigung des Sprungturms der Bergisel-Schanze) erfolgreich teilzunehmen. Wir, die REHA Innsbruck, können und müssen dieses Unternehmen für und mit unseren Patienten mit aller Kraft unterstützen!

 

Welche Botschaft soll damit der Tiroler Bevölkerung vermittelt werden?

Dr. Puelacher: Krankheit wird leider allzu oft als Schicksal als Schicksal empfunden! Die Reha Innsbruck bringt mit der Unterstützung dieser Aktion zum Ausdruck, dass COPD kein Todesurteil bedeutet. Das Lungenrehaprogramm zielt darauf ab, Betroffene und deren Angehörige im Umgang mit dem Eigenen Körper und dessen Einschränkungen zu schulen und alle jene körperlichen und geistigen Fähigkeiten zu trainieren die es ermöglichen, auch im weit fortgeschrittenen Stadium die soziale oder berufliche Teilhabe wiederherzustellen und damit Lebensqualität zu erzeugen und nachhaltig zu festigen.

 

Wie haben sich die Teilnehmenden gefunden? Was ist deren Motivation, an der myCOPD-Challenge teilzunehmen?

Dr. Puelacher: Jeder Betroffene hat sein eigenes Schicksal, Krankheit hat oft seine Wurzeln im Schicksal. Unsere Patienten, insbesondere Frau Oberhofer und Herr Krug, haben uns gelehrt, dass es wichtig ist, das eigene Leben in die Hand zu nehmen! Auch eine Teilnehmerin aus Vorarlberg wird an der Challange teilnehmen, weil es ihr wichtig ist, auf die Lage von COPD Betroffenen hinzuweisen. Alle Teilnehmer wollen die vielen Betroffenen davon überzeugen, dass körperliche Vitalität und das Wissen um die persönliche Leistungsstärke die COPD zu einer Krankheit zu machen, die sehr gut behandelbar ist und damit, trotz aller Einschränkungen, erträglich ist. Sie wollen aufzeigen, dass ein aktives Herangehen an diese Krankheit einen enormen Zugewinn an Lebensqualität bedeutet.

 

Was sagen die Teilnehmenden über die myCOPD-Challenge und die Vorbereitung?

Dr. Puelacher: Ich darf betonen, dass auch Teilnehmer am Start sind, die nur mehr ein Fünftel ihrer Lungenfunktion zur Verfügung haben. Ähnlich wie bei einem Spitzensportler erfordert das eine sehr genaue Vorbereitung im Team mit Ärzten und Therapeuten. Die Reha Innsbruck stellt dieses Team in der Vorbereitung und bei der Challange. Alle Teilnehmer sind genauestens voruntersucht und erhalten ein individuelles Trainingsprogramm inklusive Atemmuskeltraining und Atemtherapie. Therapeuten fungieren als Begleiter und Pacemaker, damit wie bei COPD Patienten üblich, bei der Challange nicht zu schnell begonnen wird. Die Luft muss ja bis zum Schluss reichen! Sauerstoffsättigung und Puls werden laufend überwacht, um die Leistung richtig zu dosieren.

 

Wie sieht die Vorbereitung für die Teilnehmenden aus?

Dr. Puelacher: 2-3x Pro Woche finden, ähnlich wie bei der ambulanten Lungenrehabilitation, Trainingseinheiten für Ausdauer, Kraft und Koordination statt, wichtiger Teil ist das Atemmuskeltraining, damit der Brustkorb und die Lungen diese Belastung auch unbeschadet überstehen.  Es werden natürlich auch Einheiten mit Stiegen steigen ausgeführt und das immer unter Überwachung.

 

Sie wollen mit den Teilnehmenden auf den Bergisel-Turm – ist das nicht gefährlich für die Teilnehmenden?

Dr. Puelacher: Die Teilnehmer sind sich des Risikos bewusst und sie kennen, durch die laufende Schulung, die Alarmsymptome ihres Körpers, die Betreuer sind Profis und können jederzeit abbrechen, wenn das medizinische Risiko zu groß wird. Auch ein Rettungsteam wird bei der myCOPD-Challenge vor Ort sein.

 

Welche positiven Effekte hat Bewegung für eine erkrankte Lunge?

Dr. Puelacher: Körperliches Training, gemäß der medizinischen Trainingslehre, stellt eines der wichtigsten „Medikamente“ in der nachhaltigen Behandlung dar. Das Training besitzt die Evidenzklasse I A, das heißt alle wissenschaftlichen Publikationen bestätigen, dass Lungentraining die ein unerlässlicher Bestandteil in der modernen Behandlung darstellt. Richtig durchgeführtes Training wirkt antientzündlich vermindert den Auswurf dramatisch und reduziert die Krankenhausaufenthalte.

 

Was genau ist COPD? Kann man dem vorbeugen? Ist es heilbar?

Dr. Puelacher: CODP ist eine schleichende Lungenerkrankung, die zum Verlust von Lungengewebe, den Bronchien und den Lungenbläschen führt. Das Fortschreiten der Krankheit geht zunächst langsam und unbemerkt. Die ersten Symptome treten ab dem 40. Lebensjahr auf. Zunächst merken Betroffene Belastungsatemnot, Husten und Auswurf, dann kommt es zu Leistungsminderung und schließlich werden die Symptome stärker und es treten Zusatzsymptome auf. Sehr häufig sind Depression und Herzerkrankungen, Verlust der Muskulatur, dünne Haut und Knochenerweichung. Leider erreichen immer noch zu viele das Vollbild der COPD (Stadium IV) welche Behinderung und Sauerstoffversorgung bedeutet.

Vorbeugung: Mediziner wissen, dass durch Vermeiden von Risikofaktoren (Rauchen, Umweltgifte, Refluxkrankheit,…) und regelmäßige Verwendung der inhalativen Medikamente eine Kontrolle der Krankheit erreicht werden kann. Unerlässlich ist Rehabilitation und das heranführen Betroffener durch Schulung (Empowerment) und konsequentes regelmäßiges Training der Atem- und der Skelettmuskulatur.

Heilbar ist COPD nicht ganz, in jedem Fall aber verbesserbar. Eine wissenschaftliche Arbeit der österreichischen ambulanten Rehaeinrichtungen konnte zeigen, dass das Risikoprofil dramatisch verbessert und damit die Lebensqualität deutlich angehoben werden kann.

Dennoch wollen wir als Reha Innsbruck Team allen COPD Betroffenen mit einer mäßigen Lungenfunktion Hoffnung machen. Wenn sie die Risikofaktoren beherrschen (u.a. Rauchen aufhören) und konsequent ihre Medikamente nehmen und regelmäßig körperliches Training machen können sie alt werden.